WinterpflichtenBesser streuen als zahlen

Mit dem ersten Schnee kommt auf Hausbesitzer wieder viel Arbeit und Verantwortung zu. "Schneeräumen und Streuen vor der eigenen Haustür sind Pflichten, die Eigentümer ernstnehmen sollten", klärt Schwäbisch Hall-Rechtsexperte Stefan Bernhardt auf. "Kommt jemand auf ungeräumten oder ungestreuten Wegen zu Schaden, kann der Hausbesitzer haftbar gemacht werden. Arzt- und Krankenhauskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld können für Streumuffel empfindlich teuer werden."  Bernhardt hat eine Liste typischer Gerichtsurteile zu den wichtigsten Winterpflichten zusammengestellt:

1. Räum- und Streupflicht gilt für Gehwege vor dem Haus sowie die Zugänge zu Haus, Mülltonnen, Park- und Tiefgaragenplätzen. Grenzt ein Grundstück an mehrere Straßen, so genügt es nicht, nur die Seite verkehrssicher zu machen, von der aus man das Grundstück betreten oder befahren kann (OLG Brandenburg, Az.: 4 U 55/07).

2. Geräumt und gestreut werden muss in der Regel zwischen 7 und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen morgens auch mal eine Stunde später. Wichtige Ausnahme: Ist zu erwarten, dass sich über Nacht Glatteis bildet, muss bereits vorbeugend gestreut werden (OLG Frankfurt, Az.: 21 U 38/03).

3. Schneit es mehrmals am Tag, muss auch mehrfach geräumt werden – das hat der BGH bereits in den 80er Jahren grundsätzlich ent-schieden. Allerdings steht die Räum- und Streupflicht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren. Bei außergewöhnlichen Witterungsverhält-nissen – wie etwa Eisregen und Blitzeis – kann die Räum- und Streupflicht eingeschränkt sein. Man muss dann lediglich versuchen, der Glät-tebildung, so gut wie unter den extremen Bedingungen eben möglich, entgegenzuwirken (OLG München, Az.: 1 U 3243/09).

4. Die Wege müssen nicht vollständig schnee- und eisfrei sein. Es muss aber ein mindestens ein Meter breiter, rutschfester Durchgang vorhanden sein, auf dem zwei Personen gefahrlos aneinander vorbeigehen können (BGH, Az.: III ZR 8/03).
Bernhardts Extra-Tipp: Die Winterpflichten können durchaus auch Mieter betreffen. Ähnlich wie die Gemeinden ihre Verkehrssicherungspflicht in aller Regel auf die Anlieger, also die Hauseigentümer, abwälzen, können Vermieter die Räum- und Streupflicht in der Hausordnung oder im Mietvertrag auf die Mieter übertragen. Ist dies der Fall, sind Urlaub oder Krankheit keine Entschuldigungsgründe. Wer verhindert ist, muss sich um Ersatz kümmern. Einzige mögliche Ausnahme: Gebrechliche ältere oder dauerhaft kranke Personen können von Räum- und Streupflicht befreit sein, wenn sie weder einen privaten noch einen gewerblichen Räumdienst finden, der ihnen die Arbeiten abnimmt (AG Hamburg-Altona, Az.: 318 a C 146/06). Im Zweifelsfall sollte man die Zuständigkeit mit dem Eigentümer oder der Hausverwaltung klären – am besten vor dem ersten Schneefall.“  

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