Knappe Baustoffe, explodierende PreiseWas private Bauherren jetzt wissen müssen

Bauen wird oft teurer und dauert länger, als geplant. Baustoffknappheit und massiv steigende Preise verschärfen die Lage. Doch es gibt auch gute Nachrichten für private Bauherren.Ein Haus braucht nicht nur ein stabiles Fundament, sondern auch eine gute Planung. Ziel ist es, Finanzierung und Bauzeit möglichst präzise festzulegen. Bauen ist jedoch äußerst komplex und läuft schnell aus dem Ruder. Knappe Baustoffe und explodierende Preise verschärfen die Lage derzeit und viele Bauherren fürchten um ihre finanzielle und zeitliche Planung. „An sich haben Bauherren eine gute Rechtsposition, denn in Bauverträgen werden normalerweise feste Preise und Termine vereinbart, an die Bauunternehmen auch gebunden sind“, sagt Rechtsanwalt Florian Herbst von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. Dennoch gibt es einiges zu beachten. Während sich die Corona-Lage in ganz Deutschland entspannt, verschärft sich die Situation auf den Baustellen des Landes. Massive Preissteigerungen und Lieferengpässe machen der Branche zu schaffen und bereiten so manchen Bauherren schlaflose Nächte. Vor allem Holz ist derzeit sehr teuer, mit Steigerungen bis zu 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für Betonstahl stiegen die Preise im selben Zeitraum um 30 Prozent, für Kunststoff um knapp 25 Prozent. „Die gute Nachricht für Bauherren ist, dass das sogenannte Materialbeschaffungsrisiko in den meisten Fällen beim Bauunternehmer liegt – sofern im Bauvertrag ein Festpreis vereinbart wurde“, so Rechtsanwalt Herbst. Das bedeutet, dass der Bauunternehmer die zusätzlichen Kosten übernehmen muss. Soweit die Theorie. „Die an sich gute Rechtsposition sollte Bauherren allerdings nicht übermütig werden lassen“, mahnt Rechtsanwalt Herbst. Vielmehr sollten Häuslebauer abwägen, inwieweit sie einen Bauunternehmer mit den aktuellen Preissteigerungen alleine lassen. Noch kein Bauherr hat von einer Insolvenz seines Baupartners profitiert. Im Gegenteil: Geht es insolvenzbedingt auf der Baustelle nicht weiter, sind Mehrkosten vorprogrammiert, die letztlich zulasten des Bauherren gehen. Selbst teure Baustoffe sind kaum zu haben Neben den hohen Preisen führt auch die mangelnde Verfügbarkeit von Baustoffen derzeit vermehrt zu Problemen. Da der Weltmarkt leergefegt ist, sind manche Baustoffe einfach nicht zu haben, auch nicht zu horrend hohen Preisen. Der Bauunternehmer mag noch so tat- und der Bauherr noch so zahlungskräftig sein, wenn die Materialien nicht geliefert werden können, geht es auf der Baustelle nicht voran. Rein rechtlich ist auch dies wiederum ein Problem des Bauunternehmers. „Dem Bauherren mag ein Schadensersatzanspruch wegen der entstehenden Verzögerungen zustehen; ob er diesen durchsetzen kann, ist eine andere Frage“, warnt Rechtsanwalt Herbst. Wenn Materialien derzeit nicht beschafft werden können, sollten die Baupartner über Alternativen nachdenken. Selbstredend sollten diese zugelassen und gleichwertig sind. Aus Sicht des Baujuristen sollten Bauherren bei Problemen zunächst immer auf Kommunikation setzen. Denn nicht nur die angespannte Lage am Baustoffmarkt begünstigt Konflikte. Auch die im Bauverlauf fast immer auftretenden Änderungen, sogenannte Nachträge, beeinflussen Preise und Bauzeit – und führen im schlimmsten Fall zu Streit und Stillstand. „Entscheidet sich ein Bauherr beispielsweise, statt Kunststofffenster doch lieber die schöneren Holzfenster einzusetzen, ist für alle Beteiligten klar, dass es teurer wird“, sagt Rechtsanwalt Herbst. Unklarer wird es, wenn äußere Einflüsse eine Rolle spielen. Wenn zum Beispiel der geplante Lastkran doch nicht eingesetzt werden kann und der Bauunternehmer andere, möglicherweise teurere Wege zum Transport des Materials organisieren muss. Nachträge sind auf dem Bau ganz normal. Die Frage ist nur, wie damit umzugehen ist und wer am Ende die Mehrkosten trägt. Nachträge sind meist schwer zu klären und die Frage, ob und wenn ja, in welcher Höhe Bauunternehmen mehr Geld verlangen können, fordert selbst erfahrene Baujuristen. „Bauherren sollten Nachtragsforderungen keinesfalls leichtfertig annehmen oder gar begleichen, sondern die Sachlage zunächst einmal sehr genau klären“, warnt Herbst, „im Zweifelsfall klappt das nur mit Anwalt“.

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