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Tierfreundlich renovieren

Neues Heim für Fledermaus & Co.

Haussanierungen können für Tiere, die in Gebäuden leben, zur tödlichen Gefahr werden. Wenn Handwerker Ritzen an der Außenwand versiegeln, verschließen sie damit häufig Einfluglöcher für die im Haus schlafenden Fledermäuse. Auch Mauersegler und andere Vogelarten können durch Baumaßnahmen ihren Nistplatz verlieren. „Alle wild lebenden Tiere, die ihre Nist-, Brut- und Schlafplätze an oder in Gebäuden haben, sind besonders geschützt“, erklärt Sara Höweler von der Klimaschutzkampagne „Haus sanieren – profitieren“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Das Bundesnaturschutzgesetz sehe strenge Regeln für das Entfernen oder Versiegeln von Niststätten vor. Hierfür müssen Hauseigentümer eine Genehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde beantragen. Die tierfreundliche Lösung: Künstliche Ersatzniststätten oder –quartiere, die den orts-treuen Vögeln und Fledermäusen ein neues Zuhause bieten.

Besonders während der Brutzeit von März bis September sollten Hausbesitzer darauf achten, die am Gebäude wohnenden Arten nicht zu stören. „Der Schutz der Niststätten beginnt, wenn das Tier einen Ort als Brutstätte gewählt hat und endet erst, wenn dieser wieder verlassen ist“, so Höweler. Doch es gibt Ausnahmen: Bestimmte Arten wie die Mehlschwalbe, der Haussperling, Mauersegler oder Fledermäuse kehren zum Brüten jedes Jahr an denselben Ort zurück. „Werden solche Nester entfernt, müssen die Bauherren Ersatzniststätten schaffen“, erklärt Höweler. Denn: „Besonders standorttreue Vögel wie der Mauersegler haben ein großes Problem, wenn sie ihren angestammten Platz nicht mehr nutzen können. Das ist einer der Gründe, warum sie in den letzten Jahren gerade in Zentren von Großstädten immer seltener gesehen werden.“

Doch auch für Vögel, die jedes Jahr woanders brüten, gilt: Weder das Gelege mit Eiern oder Jungvögeln darf entfernt werden, noch dürfen die Brutvögel am Ein- und Ausflug gehindert werden. Falls bei einer Modernisierung Niststätten oder Quartiere entfernt oder versiegelt werden, müsse der Bauherr eine Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde beantragen.

Ersatzniststätten für Vögel oder künstliche Quartiere für Fledermäuse könnten zum Beispiel Einbausteine sein, die ein Handwerker in die Dämmung einbindet. Sie könnten aber auch der Schräge des Daches angepasst sein und dort direkt montiert werden. Höweler: „Bauherren sollten dies frühzeitig in ihrer Planung berücksichtigen. Reagieren sie erst nach den Bauarbeiten, muss die Außenwand und damit die Dämmung noch einmal durchbrochen werden, um die Niststätten einzubauen. Grundsätzlich sollte der Handwerker die Brutstätten möglichst weit oben in der Wand oder unter dem Dach anbringen. Der Hausbesitzer sollte außerdem dafür sorgen, dass die Tiere frei an- und abfliegen können.“ Wichtig sei, dass die Nistmöglichkeiten beziehungsweise Quartiere eingebaut seien, bevor die Tiere aus den Winterquartieren zurückkehrten und sozusagen „vor verschlossenen Türen“ stünden.

Fledermäuse sind von Sanierungen meist sogar lebensbedrohlich gefährdet: Die Tiere, die tagsüber in Nischen und Ritzen schlafen, bleiben häufig unbemerkt und werden einfach eingeschlossen. „Plattenbauten, Gebäude mit vorgehängten Fassaden, unverputzte Brandwände und Fachwerkhäuser bieten besonders viele Unterschlüpfmöglichkeiten für Fledermäuse“, so Höweler. Die Wahrscheinlichkeit sei hier besonders hoch, dass sich tierische Untermieter eingerichtet hätten. Auch Häuser mit Flachdach aus den 60er bis 80er Jahren beherbergen häufig Fledermäuse. „Da die Tiere sehr unauffällig sind, sollte man das Haus vor der Sanierung rechtzeitig von entsprechenden Fachleuten untersuchen lassen.“ Bei der Suche nach einem Experten könnten die Unteren Naturschutzbehörden und Naturschutzverbände wie der BUND weiterhelfen.

Neue Nistmöglichkeiten und Quartiere werden von Vögeln und Fledermäusen in vielen Fällen nur zögernd angenommen. Deshalb sollte Ersatz möglichst an gleicher Stelle angebracht und ähnlich wie die alten Quartiere oder Niststätten gestaltet werden. Das setzt voraus, dass vor der Sanierung die Niststätten von Vögeln und die Schlafplätze von Fledermäusen durch ein Artenschutzgutachten erfasst werden.

„Wer Tieren Quartiere in oder an seinem Haus zur Verfügung stellt, sichert nicht nur die Artenvielfalt, sondern hat auch die einzigartige Möglichkeit, sie aus nächster Nähe zu beobachten“, zeigt Höweler weitere Vorteile auf. Die Tiere böten außerdem einen ökologischen Insektenschutz – völlig kostenlos. Etwaige Verschmutzungen der Hauswände könnten durch die Montage von Brettern unter den Einflugöffnungen verhindert werden.

Die Klimaschutz-Kampagne „Haus sanieren – profitieren“ berät Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern zum energetischen Zustand ihrer Immobilie. Wer wissen möchte, ob sich eine Sanierung der eigenen vier Wände lohnt, kann den kostenlosen Energie-Check der Kampagne in Anspruch nehmen. Dabei nimmt ein Handwerker, Architekt oder Energieberater die einzelnen Gebäudeteile unter die Lupe und gibt Empfehlungen für mögliche Sanierungsschritte. Interessierte Hauseigentümer finden Energie-Checker in ihrer Nähe auf www.sanieren-profitieren.de. Weitere Informationen zum Artenschutz an Gebäuden erhalten Hausbesitzer beim BUND Region Hannover, der als Partner von „Haus sanieren – profitieren“ auch Seminare für Architekten, Planer, Energieberater und andere Fachleute anbietet. Weitere Informationen finden Hausbesitzer auf region-hannover.bund.net/themen_und_projekte/artenschutz_an_ gebaeuden.

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