Ziegelklima bewahrt archäologische Funde der Menschheitsgeschichte
Architektur von v. Busse Klapp Brüning Architekten geplant: Die Stadt Herne im Ruhrgebiet ist um eine architektonische Attraktion reicher: Mitten im Zentrum zwischen Kreuzkirche und Kulturzentrum entstand der Neubau des Westfälischen Museums für Archäologie. Geprägt wird der Gebäudekomplex nicht nur durch sein modernes architektonisches Konzept, sondern vor allem durch das Baumaterial Ziegel, einem Baustoff, der auch das bauliche "Gesicht" der Stadt Herne - insbesondere ihrer öffentlichen Gebäude - bestimmtDie Stadt Herne im Ruhrgebiet ist um eine architektonische Attraktion reicher: Mitten im Zentrum zwischen Kreuzkirche und Kulturzentrum entstand der Neubau des Westfälischen Museums für Archäologie. Geprägt wird der Gebäudekomplex nicht nur durch sein modernes architektonisches Konzept, sondern vor allem durch das Baumaterial Ziegel, einem Baustoff, der auch das bauliche "Gesicht" der Stadt Herne - insbesondere ihrer öffentlichen Gebäude - bestimmt. Vom Architekturbüro v. Busse Klapp Brüning in Essen geplant, lagern in dem zum größten Teil in die Erde "eingegrabenen" Museumsgebäude mit einem Kubus und zwei hallenartigen Baukörpern unwiederbringliche archäologische Funde, die über die Menschheitsgeschichte der Region Zeugnis ablegen. Ihre sichere Bewahrung gilt als vornehmste Aufgabe des Bauwerks. Zu diesem Zweck wurden Strukturen, Materialien und Fügeprinzipien gewählt, welche die Grundlage für dauerhaften Schutz mit einfachen Mitteln darstellen, so die Architekten. "Massive Baukörper, von Erdreich umschlossen, bieten die besten Voraussetzungen für ein konstantes Klima."Das Eingangsbauwerk, am Kirchplatz gelegen, verbindet das Stadtniveau mit der tiefer gelegenen Hauptfläche des Museums, die sich um zwei abgesenkte Höfe gliedert. Zwei Ausstellungsräume, betont durch doppelte Raumhöhe und natürliche Belichtung, Großobjekthalle und Sonderausstellung, "wachsen" aus der Grünfläche des Parkgeländes empor und unterstreichen den speziellen Charakter des Bauwerks.
Alle Ausstellungsräume bilden ein zusammenhängendes Raumgefüge auf einer
Ebene. Der doppelgeschossige Vortragssaal liegt im 1. Obergeschoss. Die Räume der Verwaltung sind im 3. und 4. Obergeschoss um einen Dachgarten angeordnet. Cafe und Shop am Gebäudeeingang verbinden das Museum mit der Stadt.
Der Neubau des Museums wird innen und außen weitgehend vom "archaischen" Baumaterial Ziegel geprägt. Die Außenwände entstanden als massive, oberhalb der Erdgleiche zweischalige Ziegelwände. Massive Flachdecken aus Stahlbeton ermöglichen Spannweiten von 12m. Die Innenwände in den der Öffentlichkeit zugänglichen Räumen, im alle Geschosse verbindenden Foyer, dem Vortragssaal und den Ausstellungsräumen an den verglasten Tiefhöfen bestehen ebenfalls aus Klinkermauerwerk. Eingesetzt wurden Torfbrandklinker, die in ihrer Anmutung mit der benachbarten neugotischen Backsteinkirche harmonieren. Die Klinker sind vollfugig vermauert. Durch die in jeder 4. Lage zurücktretende Binderschicht erhalten die Ziegelfassaden nach außen eine schattenbildende Profilierung. Im Innenraum sind die Ziegelwände glatt vermauert. Reizvoll zeigt sich der Kontrast zwischen den fragil wirkenden Glasflächen und den betont rauen Ziegelwänden.
Die Forderung größtmöglicher Klimastabilität führte zum Einsatz von Ziegeln. Denn Ziegelmauerwerk trägt im Rahmen eines ganzheitlichen Klimakonzepts zur dauerhaften Unversehrtheit der Exponate bei. Das Raumklima pendelt sich auf eine für die Exponate optimale Atmosphäre ein. Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen werden ausgeglichen und die jahreszeitlichen Unterschiede nahezu eliminiert. Schädliche Temperatur- sowie Feuchtedifferenzen sind auf ein Minimum begrenzt.
Zum Raumluft-Temperatur-Profil: Nach dem Prinzip der Hypkokausten-Heizung wird Luft über Hohlräume in Pfeilern und Wänden ohne sichtbare Rohrleitungen geführt. Eine klassische Heizung ist für die Ausstellungsflächen nicht erforderlich, da durch die Lage im Erdreich der Temperaturabfall gering ist und durch den Wärmeeintrag der Besucher zusätzlich kompensiert wird. Mit einer Fußbodenheizung sind Foyer sowie Vortragssaal ausgestattet. Zur Energiegewinnung trägt auch die auf den Sheddächern installierte Photovoltaik bei.
Aufgrund der besonderen Gebäudecharakteristik und der relativ großen Raumvolumen ist für die prognostizierten Besucherzahlen nur ein ca. 1-facher Luftwechsel pro Stunde erforderlich. Die vorwiegend zur Kühlung eingebrachte konditionierte Luft wird als Quellluft am Fußpunkt der Umfassungswände in die Ausstellungsräume mit sehr geringer Geschwindigkeit eingebracht. Die mit Abstand vor den tragenden Umfassungswänden montierten wärmespeichernden Vorsatzschalen werden rückseitig im Zwischenraum zu den tragenden Wänden mit Luft umspült, so dass sich die
Oberflächentemperatur der Wandbekleidung exakt der Raumtemperatur anpasst und äußere Einflüsse eliminiert.
Der Einsatz des Baustoffs Ziegel beim Archäologischen Museum in Herne beweist einmal mehr, so der Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V., Bonn, "dass Architekten wie Bauphysiker um den Vorteil beispielhafter Klimastabilität wissen und diesen nutzen. Temperatur und Luftfeuchtigkeit dürfen sommers wie winters nur geringe, den Exponaten zuträgliche Schwankungen aufweisen. Dank des Poren- und Kapillarsystems im Ziegel werden diese Anforderungen sichergestellt. Deshalb gilt: Ob wertvolle Gemäldeausstellungen oder die faszinierende Welt der Archäologie - im Ziegelklima aufbewahrte Exponate sind dauerhaft geschützt und für die Nachwelt gesichert."
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