Ein Werkstoff mit Geschichte

Modernste Technik und traditionelle Handarbeit machen Furnier zu einem einzigartigen KunstwerkModernste Technik und traditionelle Handarbeit machen Furnier zu einem einzigartigen Kunstwerk.

Zum Dank dafür, dass er ihr auf den Thron verholfen hatte, schenkte Cleopatra Julius Caesar einen furnierten Tisch. Im alten Ägypten ein ausgesprochen kostbares Geschenk, denn Holz war in dem von Wüsten geprägten Land äußerst rar und ebenso wertvoll wie Edelsteine. Vor allem Sarkophage wurden mit der kostbaren Verzierung geschmückt und auch im 1922 entdeckten Grab von Tutanchamun wurden Schreine mit einer Furnieroberfläche gefunden. Heute gilt Furnier immer noch als wahrer Schatz der Möbelindustrie. Denn jedes Furnierblatt ist ein Unikat. Individuelle Wachstumsmerkmale wie die Struktur der Jahresringe, die Farbgebung oder Äste und Noppen eines Baumes geben dem Furnier sein einzigartiges und charaktervolles Aussehen – selbst wenn es in Serie hergestellt wird.

Ein kunstvolles Handwerk
Die Herstellung der hauchdünn geschnittenen Furnierblätter hat eine lange Tradition. Die Ägypter waren die ersten, die um 3.000 vor Christus die Idee entwickelten, Baumstämme in feine Lagen zu schneiden und sie auf Trägermaterialien zu kleben. Von Ägypten über Griechenland und das Römische Reich gelangte das Furnierhandwerk schließlich nach Europa. Dort erlebte es in der Renaissance und im Barock eine Blütezeit und entwickelte sich zu einer regelrechten Kunst weiter. Im 16. Jahrhundert erhielt es seinen heutigen Namen: Dieser ist dem französischen Begriff „fournier“ entlehnt, der „mit etwas versehen“ bedeutet. Die dünnen Furnierblätter wurden zu dieser Zeit mit Sägen aus den Baumstämmen geschnitten. Eine sehr mühselige Handarbeit, die sich auch auf den Preis auswirkte: Ausgesprochen teuer, waren Möbel mit einer Furnieroberfläche damals nur der wohlhabenden Gesellschaft vorbehalten.

Heute wird nur noch selten mit Sägen gearbeitet, um Furnier herzustellen. Lediglich bei sehr dichten Holzarten wie Eben- oder Rosenholz wird diese Technik noch angewandt. Denn der Holzverlust beim Sägen ist mit bis zu 50 Prozent sehr hoch. Mit Beginn der Industrialisierung wurden im 19. Jahrhundert das so genannte Messern und das Schälen als Fertigungsmethoden entwickelt, die das Sägen ablösten. Diese neuen Techniken markierten den Übergang von der handwerklichen zur maschinellen Herstellung und Verarbeitung von Furnier. Durch die konstante Verbesserung der Fertigungstechniken ist es heute möglich, Furnierblätter zu produzieren, die lediglich 0,5 Millimeter dick sind.

Nur ausgewählte Baumstämme
Doch obwohl heute modernste Technik eingesetzt wird, ist die Furnierherstellung ein traditionelles Handwerk geblieben. Denn die Qualitätsanforderungen an Furnier sind nach wie vor hoch. Für die Herstellung sind drei Punkte entscheidend: Erfahrung bei der Auswahl der richtigen Hölzer, technisches Fachwissen bei der Herstellung und die anschließende korrekte Verarbeitung durch ausgebildete Tischler. Welche Baumstämme sich am besten zu Furnier weiterverarbeiten lassen, kann nur ein geübtes Auge erkennen. Von Baum zu Baum wird individuell entschieden, wie er geschnitten und anschließend verarbeitet wird. Holzart, Wuchs und Stammdurchmesser des Baumes beeinflussen die Auswahl. Eine Arbeit, die viel Sorgfalt und Kompetenz erfordert. Denn je nachdem, wie ein Baum aufgeschnitten wird, entsteht ein anderes Muster.

Vom Dampfbad zum Furnierblatt
Bevor aus den Baumstämmen jedoch Furnierblätter entstehen, können mehrere Tage vergehen. Entrindet und auf die richtige Länge geschnitten, kommen die Stämme in eine so genannte Dämpf- oder Kochgrube, wo sie je nach Holzart mehrere Stunden oder gar Tage bei Temperaturen zwischen 40 und 90 Grad Celsius gekocht werden. Während Birke beispielsweise nur etwa zwölf Stunden im Dampfbad verbringt, braucht gedämpfte Buche bis zu fünf Tagen, bis ihre Holzfasern so weich und geschmeidig sind, dass sie pro-blemlos weiterverarbeitet werden können. Übrigens: Der Dämpfvorgang hat auch Einfluss auf die Farbgebung des Holzes. So erhält beispielsweise Buche ihren Roséton erst, wenn sie einige Zeit in der Dampfgrube verbracht hat.

Sind die Stämme gesäubert und glatt gehobelt, beginnt die eigentliche Furnierherstellung. Für die Möbelindustrie werden aus den nassen Holzstämmen dünne Furnierblätter herausgeschnitten. Beim so genannten Messern wird der Stamm waagerecht in eine Maschine eingespannt und gegen ein Messer auf- und ab bewegt. Je nachdem, in welchem Winkel die Stämme angeschnitten werden, entstehen unterschiedliche Muster, die Furnierbilder.

Beim Schälen dreht sich der auf einer Seite eingeschnittene Baumstamm um die eigene Achse gegen ein feststehendes Messer. So entsteht bei jeder Umdrehung ein Furnierblatt. Dabei bildet sich ein sehr unruhiges Furnierbild heraus, das je nach Holzart Nester oder Augen zeigt. Bevor der Schreiner die frisch hergestellten Blätter zu Echtholz-Oberflächen von Möbeln weiter verarbeitet, werden sie in speziellen Maschinen getrocknet und je nach Zustand auch gebügelt, damit sie sich nicht wellen.

Kunstvolle Furnierbilder
Wichtig ist, die Furnierblätter nach der Herstellung immer in der Reihenfolge zu stapeln, in der sie geschnitten wurden. Denn wenn die Blätter auch in dieser Reihenfolge bei der Möbelherstellung verarbeitet werden, ergibt sich anschließend ein harmonisches Bild. Auch hier ist das geschulte Auge des Fachmanns gefragt: Die gelieferten Furniere werden für jedes Möbelstück individuell ausgesucht und entsprechend der Holzmaserung kunstvoll zu einem Bild zusammengefügt. Dabei gibt es mehrere Techniken, solche Furnierbilder zu kreieren: Beim Stürzen werden zwei aufeinander liegende Blätter spiegelbildlich aneinander gesetzt, also gleichsam aufgeklappt. So entstehen besonders bei lebhaft gemaserten Furnieren dekorative, spiegelbildähnliche Furnieroberflächen. Beim Schieben wird ein Furnierblatt parallel neben das vorige gelegt. Das erzeugt eine ruhigere Optik.

Anschließend leimt der Schreiner die Blätter auf ein Trägermaterial wie Spanplatte, MDF-, Multiplexplatte oder Sperrholz, aus denen die Möbel gefertigt werden. Dabei muss er großes handwerkliches Geschick beweisen, denn die Arbeit mit Materialien, die lediglich 0,5 Millimeter dick sind, erfordert höchste Präzision. Vorgefertigte Fixmaßfurniere ermöglichen eine schnellere Verarbeitung. Ein aufkaschiertes Vlies auf der Rückseite macht es zusätzlich rissfest und leichter verformbar. Sie können besonders gut dann eingesetzt werden, wenn die Oberfläche gebogen ist oder wenn das Furnier auf schwierig zu verarbeitende Untergründe verleimt werden soll.

Möbel erhalten durch Furnier eine dekorative Oberfläche aus echtem Holz, die einem kleinen Kunstwerk gleicht. Denn die Farbnuancen und Musterungen im Furnier gibt es kein zweites Mal. Wie Vollholzmöbel können furnierte Oberflächen Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Sie sorgen so für ein angenehmes Raumklima. Aufgrund des Trägermaterials aus modernen Holzwerkstoffen verziehen sich Möbel mit einer furnierten Oberfläche bei Temperaturschwankungen nicht und werden nicht rissig.

Echtes Holz oder bloß ein Imitat?
Die Vielfalt an Möbeln und ihre Oberflächengestaltung ist heute fast so groß wie in der Oberbekleidung. Furnier gibt es in nahezu allen Farben und in den unterschiedlichsten Musterungen. Es ist ein wertvolles Naturprodukt und wird daher immer wieder kopiert. Holzimitate aus bedruckter Folie oder Papier sehen echtem Furnier meist zum Verwechseln ähnlich. Durch spezielle Prägungen fühlen sich diese Nachahmungen darüber hinaus täuschend echt an. Um die Echtholz-Oberfläche von einem minderwertigen Imitat unterscheiden zu können, hat die Initiative Furnier + Natur e.V. im Jahr 2003 das Gütesiegel „Furnier – Echt Holz“ eingeführt. Damit können Verbraucher sicher sein, dass ihr neu erworbenes Möbelstück eine echte Holzoberfläche besitzt.

Technik erleichtert Furnierherstellung
Seit Beginn des 19. Jahrhundert konnte die Furnierherstellung immer weiter mechanisiert werden und die einsetzende Industrialisierung ermöglichte die Verarbeitung von Furnier in großen Mengen. Die erste Furnierfabrik in Deutschland wurde bereits 1843 in Freiburg gegründet. Die heutige Furnierindustrie entstand 1870 mit der Inbetriebnahme der ersten Messermaschinen in Hamburg.

Handwerkliche Kunst mit Tradition
Auf Möbel geleimte oder eingelegte Verzierungen aus Furnier – vielfach eine Kombination aus verschiedenen Hölzern – werden als Intarsien bezeichnet. Diese Kunst war bereits im alten Orient (drittes Jahrtausend vor Christus) bekannt. Das Fertigen von Intarsien gilt bis heute als handwerklich sehr anspruchsvoll und ist deshalb eher kostspielig.

Verantwortungsbewusster Umgang mit Holz
Furnieren ist die ökonomischste Form der Holznutzung. Bei keiner anderen Verwendung wird ein einzelner Baumstamm so effizient verarbeitet: Aus einem 240 Zentimeter langen Stamm mit einem Durchmesser von rund 50 Zentimeter können mehr als 300 Quadratmeter Furnieroberfläche hergestellt werden. So ist es möglich, auch seltene und teure Hölzer zur Möbelherstellung zu nutzen.

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